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Ohne Chips steht die Welt still

Halbleiter oder Chips sind gefragt, sowohl im Alltag als auch an der Börse. Anno 2024 können wir uns eine Welt ohne Computerchips nicht mehr vorstellen. Nach Angaben der Semiconductor Industry Association (SIA) wird der weltweite Chipmarkt bis 2024 um 16% auf 611 Mrd. USD wachsen. Dies macht die Halbleiterindustrie zu einem der am schnellsten wachsenden Wirtschaftszweige, angetrieben durch die fortschreitende Digitalisierung fast aller Lebensbereiche.

Ohne Chips gibt es keine digitale Welt. Mehr noch, der Vormarsch der generativen künstlichen Intelligenz (KI) läutet eine neue Ära ein. Die Computerchips werden immer ausgefeilter. Die digitalen Möglichkeiten nehmen weiter zu.

Joris Franck, Thematic Portfolio Manager KBC Asset Management


 

Chips oder Halbleiter steuern digitale Prozesse, liefern Rechenleistung und Speicher. Ohne Chips keine Smartphones, Laptops oder Spielkonsolen. Ohne Chips keine Autos oder medizinischen Geräte. Aber auch: ohne Chips, keine elektrischen Zahnbürsten oder Waschmaschinen. „Chips sind überall“, so Joris Franck, Thematic Portfolio Manager bei KBC Asset Management. „Im Durchschnitt besitzt jeder Mensch 150 Chips. In einem Smartphone stecken beispielsweise Dutzende von Chips, in einem Auto 300, und wer ein Elektroauto fährt, kann sogar mit 3 000 Chips rechnen. Nicht für alle Anwendungen muss ein solcher Chip gleich komplex sein. Es ist logisch, dass die Chips in Ihrem Smartphone fortschrittlicher sind als die Chips in einer intelligenten LED-Lampe. Aber wie man es auch dreht und wendet, die Nachfrage nach Chips ist enorm. Und das bietet Chancen.“


 

Kleiner, besser, schneller: der Wettlauf um die Vorherrschaft bei fortgeschrittenen Chips

Was genau ist ein Computerchip? „Das ist ein ziemlich komplexes Thema“, sagt Franck. „Ein Computerchip ist ein kleines Stück Halbleitermaterial, Silizium, auf dem sich eine große Anzahl mikroskopisch kleiner elektronischer Schaltkreise befindet. Und es gibt verschiedene Arten von Chips. Analoge Chips zum Beispiel verarbeiten physische Informationen  wie Temperatur, Geschwindigkeit, Lichtstärke oder Schall. Digitale Chips hingegen verarbeiten keine analogen Informationen, sondern die berühmten Nullen und Einsen, die sogenannten Bits.“

Auf den fortgeschrittensten Chips befinden sich heute mehr als 50 Milliarden Schaltkreise. Das sind weit mehr als die Tausende von Schaltkreisen, die vor etwa 50 Jahren darauf waren. Je mehr Schaltkreise, desto größer die Rechenleistung. Und darum geht es.

Joris Franck, Thematic Portfolio Manager KBC Asset Management


 

Die Chiphersteller stoßen auf die Gesetze der Physik. Der Grund dafür ist, dass sich die Anzahl der Schaltkreise auf einem Chip ständig vervielfacht. Gordon Moore, einer der Gründer von Intel, setzte dies in ein Gesetz um. „Das Mooresche Gesetz besagt, dass sich die Zahl der Transistoren oder Schaltkreise alle zwei Jahre verdoppelt“, erläutert Franck. „Die Chips werden immer leistungsfähiger. Die Schaltkreise werden kleiner. Die Schaltkreise in den fortgeschrittensten Chips sind heute extrem klein, mit Abmessungen von nur wenigen Nanometern. Zum Vergleich: Auf einen Millimeter passen 1 Million Nanometer.

 Die Herstellung von Chips ist äußerst komplex und daher teuer, also nicht für jedermann geeignet. „Vor etwa 20 Jahren gab es leicht mehr als 10 verschiedene Unternehmen, die die fortgeschrittensten Chips dieser Zeit herstellen konnten", so Franck. „Das ist heute anders.“

Die Herstellung der fortgeschrittensten Chips ist zum Ausscheidungsrennen geworden. Mit jeder neuen Generation von Chips nehmen sowohl die Komplexität als auch die Herstellungskosten zu. Nicht jedes Unternehmen ist in der Lage, die entstandenen Kosten zu decken.

Joris Franck, Thematic Portfolio Manager KBC Asset Management


Eine Fabrik, die die fortgeschrittensten Chips herstellen kann, kostet schon bald mehr als 15 Milliarden Euro. Der Preis für die fortgeschrittensten Maschinen des niederländischen Unternehmens ASML beispielsweise liegt bei rund 300 Millionen Euro. Wer diese Chips in großen Mengen produzieren möchte, braucht wohl auch mehr als eine Maschine. „Heute gibt es praktisch nur noch ein Unternehmen, das in der Lage ist, die fortgeschrittensten Chips mit einer Breite von derzeit 2 Nanometern herzustellen, und das ist die Taiwan Semiconductor Manufacturing Company (TSMC)“, sagt Franck. „Das südkoreanische Unternehmen Samsung kommt dem nahe. Mit etwas größerem Abstand folgt das US-amerikanische Unternehmen Intel, das allerdings eine Aufholjagd geplant hat. Die Frage ist, ob Intel erfolgreich sein wird.“

Grafik Chips: beliebt bei Spielern, entscheidend für die KI-Revolution

Es gibt zwei Arten von digitalen Chips: Speicherchips und Logikchips. „Speicherchips, wie sie zum Beispiel Samsung herstellt, speichern Informationen. Denken Sie an den USB-Stick in Ihrem Laptop“, sagt Franck. „Logikchips wiederum kann man sich als das Gehirn Ihres Laptops vorstellen. Der bekannteste Logikchip ist die Central Processing Unit (CPU). „Jeder Besitzer eines Windows-Laptops wird den Aufkleber von Intel oder AMD auf dem Laptop erkennen“, fügt Franck hinzu. „Auch Apple produziert CPUs für sein iPhone, iPad oder Macbook.“

„Die CPU ist ein guter Allrounder und kann die meisten Aufgaben adäquat erledigen. Aber es erwies sich als äußerst interessant, bestimmte Teilaufgaben einem so genannten Accelarator-Chip zu überlassen“, so Franck. „Der bekannteste Accelerator-Chip ist die Graphical Processing Unit (GPU), die von Nvidia oder AMD entwickelt und von TSMC hergestellt wird.“ Anders als die CPU übernimmt die GPU die komplette Steuerung der Bilder. Die GPU eignet sich nicht nur für Spiele, sondern auch für andere anspruchsvolle Grafikaufgaben, wie Videobearbeitung und 3D-Rendering.

„Nvidia entdeckte, dass GPUs auch für allgemeine Verarbeitungsaufgaben gut geeignet sind“, so Franck. „Mit ihrer Software CUDA wurde es möglich, die Grafikchips für andere Zwecke zu programmieren. So wurden GPUs für sogenannte Supercomputer in der Wissenschaft interessant. Und dann setzte das Schiff die Segel in Richtung KI... Tatsächlich erkannte Nvidia, dass sich durch die Verknüpfung einer ganzen Reihe von Grafikprozessoren eine enorme Rechenleistung erzielen lässt. Die generative KI erblickte daraufhin das Licht der Welt, weil für das Trainieren sogenannter Large Language Models eine enorme Rechenleistung erforderlich ist. Der Fokus auf KI hat Nvidia nicht geschadet. Allein durch die Konzentration darauf ist Nvidia zum wertvollsten Chip-Unternehmen der Welt geworden.“

Unternehmen, die in die Forschung und Entwicklung von KI investieren, spielen eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung des Marktes für fortgeschrittene Chips. Es kündigt sich eine neue Welle von Innovationen und damit wirtschaftlichen Möglichkeiten an.

Joris Franck, Thematic Portfolio Manager KBC Asset Management


 

„Heute werden viele neue KI-Rechenzentren gebaut und bestehende Rechenzentren in KI-Rechenzentren umgewandelt“, fügt Franck hinzu. „In beiden Fällen sind sie vollgestopft mit zusammengeschalteten GPUs. Die Tatsache, dass Nvidia bei diesen Grafikprozessoren fast eine Monopolstellung innehat und dadurch kaum Verhandlungsspielraum bei den Preisen zulässt, ist seinen Kunden ein Dorn im Auge. Die meisten Kunden von Nvidia, unter anderem große US-Tech-Unternehmen wie Alphabet, Amazon oder Microsoft, entwickeln ihre eigenen GPUs, die sie dann von TSMC produzieren lassen. Diese Chips sind zwar noch nicht so leistungsfähig wie die von Nvidia, aber man hofft, dass sie die Gesamtkosten der für ihre KI-Anwendungen benötigten Rechenleistung in Zukunft senken können.“

 

Hunger nach Chips bietet Chancen für Investoren

Auch wenn die künftige Entwicklung neuer Technologien immer ungewiss ist und keine Garantie für Erfolg bietet, können Anleger durch Investitionen in die Chipindustrie von potenziell revolutionären Entwicklungen profitieren. „Die Investition in Chips bietet Anlegern viele Chancen, aber um fundierte Entscheidungen zu treffen, ist Fachwissen unerlässlich“, betonte Franck. „Niemand kann Aktienkurse vorhersagen. Investitionen sind immer mit Risiken verbunden. Auf kürzere Sicht kann die Halbleiterindustrie recht unbeständig sein. Die Chipherstellung ist ein globales Geschäft, das von einer hochkomplexen Lieferkette mit gegenseitigen Abhängigkeiten abhängt. Übrigens ist die gesamte Produktionskette ziemlich lang und umfasst mehr Glieder, als man denken würde: vom Chipdesign über die Chipfertigung - einschließlich der Lieferanten von Chipfertigungsanlagen - bis hin zu Zusammenstellung und Verpackung.“

Alle sind sich einig: Der digitale Wandel ist dabei, die Welt und unsere Lebensführung zu verändern. Ohne Chips geht es nicht mehr. Zudem schreitet die Digitalisierung der Welt in immer schnellerem Tempo voran. Die langfristigen Aussichten für den Halbleitermarkt sind daher weiterhin viel versprechend. „Mit ihrer erwiesenen wirtschaftlichen und geostrategischen Bedeutung ist die Halbleiterindustrie eine interessante Investition“, so Franck abschließend.
 

Unsere Abhängigkeit von Chips hat enorm zugenommen. Der Halbleitersektor ist zwar typischerweise zyklisch, aber mit der Vervielfältigung der Endmärkte nimmt diese Zyklizität allmählich ab. Chips färben die Zukunft. Sie sind und bleiben von entscheidender Bedeutung für das Funktionieren der Weltwirtschaft, und in dieser Hinsicht sind sie für Anleger interessant.

Joris Franck, Thematic Portfolio Manager KBC Asset Management


 

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Dieser Artikel ist rein informativ und sollte nicht als Anlageberatung angesehen werden.