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Quantencomputer: neben der KI die bahnbrechendste Technologie unserer Zeit

Marktbeobachter flüstern schon seit Jahren, dass Quantencomputer das nächste große Ding für Anleger werden könnten. Dank ihrer schwindelerregenden Rechenleistung gilt die Quantentechnologie als möglicher Schlüssel zur Lösung der großen wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Herausforderungen, die von der grünen Chemie bis zur Entwicklung neuer Medikamente reichen. Seit dem Durchbruch von Willow, dem Quantenchip der Google-Muttergesellschaft Alphabet, sind Aktien aus dem Bereich der Quanteninformatik wieder ein Gesprächsthema. Doch worauf sollte ich als Anleger mein Augenmerk richten? 

Ein Quantencomputer hat das Potenzial, ganze Branchen auf den Kopf zu stellen. Die Frage ist nicht so sehr ob, sondern eher wann.

Joris Franck, Portfoliomanager KBC Asset Management


 

„Ein klassischer Computer verarbeitet Informationen Schritt für Schritt in Bits, die Daten als 0 oder 1 speichern“, sagt Joris Franck, Portfoliomanager und Technologieexperte bei KBC Asset Management. „Quantencomputer basieren auf den Grundsätzen der Quantenphysik und arbeiten mit so genannten Quantenbits oder Qubits. Im Gegensatz zu einem Bit besitzt ein Qubit die Eigenschaft, dass es gleichzeitig eine 0 und eine 1 sein kann. Dies wird im Fachjargon Superposition oder Überlagerung genannt. Außerdem kann man Qubits so miteinander verbinden, dass der Zustand des einen Qubits vom Zustand des anderen abhängt, unabhängig vom Abstand zwischen ihnen. Dies wird „Verschränkung“ genannt. Auf diese Weise kann ein solcher Computer exponentiell mehr Daten verarbeiten und eine große Anzahl von - auch komplexen - Berechnungen gleichzeitig durchführen.“

 Oft wird die Metapher des Labyrinths verwendet, um die Leistung von Quantencomputern zu erklären. „Wenn man einem klassischen Computer die Aufgabe stellt, einen Weg aus einem Labyrinth zu finden, wird er die Möglichkeiten eine nach der anderen durchgehen“, erklärt Franck. „Mit etwas Glück geht das schnell, aber der klassische Computer könnte dafür auch besonders lange brauchen. Ein Quantencomputer hat den großen Vorteil, dass er alle Pfade zugleich testen kann. Damit kann ein Quantencomputer komplexe Probleme lösen, die heute selbst der leistungsstärkste Supercomputer nicht bewältigen kann.“


 

Eine Brücke in die Zukunft

Das Quantencomputing öffnet Türen, die bisher verschlossen waren, zum Beispiel:

 

  • Die weitere Entwicklung der künstlichen Intelligenz (KI)
    Die unübertroffene Rechenleistung kann bestehende Algorithmen für maschinelles Lernen verbessern und eine noch effizientere Datenverarbeitung ermöglichen. Da die KI um ein Vielfaches schneller trainiert, wird auch die Entwicklung neuer Anwendungen beschleunigt. 

 

Aus einer kreativen Kombination von KI und Quantencomputing können sich sehr schnell nie da gewesene Innovationen entwickeln. Eine Verschmelzung der beiden führt zu nahezu unbegrenzten Möglichkeiten.

Joris Franck, Portfoliomanager KBC Asset Management


 

  • Entdeckung neuer Materialien und Medikamente
    Mit Quantencomputern können molekulare Strukturen und chemische Reaktionen mit hoher Präzision simuliert werden. „Stellen Sie sich einen Quantencomputer wie ein riesiges Chemielabor vor“, erläutert Franck, „in dem Sie, statt Substanzen in einem echten Labor zu mischen und zu sehen, was passiert, alles gleichzeitig simulieren können.“ Auf diese Weise kann die klinische Forschung an Materialien oder Medikamenten, die heute sehr zeitaufwändig und auch sehr teuer ist, wesentlich effizienter gestaltet werden. „Die ersten wirklich praktischen Anwendungen könnten also in der Pharma- und Chemieindustrie auftauchen“, fügt Franck hinzu. „Denken Sie an die Genomsequenzierung, bei der Pharmaunternehmen dank Quantencomputern in absehbarer Zukunft Medikamente auf der Grundlage Ihres genetischen Profils entwickeln werden. Oder an einer Lösung des Proteinfaltungsproblems, die enorme Chancen zur Heilung von Krankheiten wie Alzheimer oder Parkinson bietet. 
     
  • Optimierung von Ressourcenverbrauch und Prozessen
    Denken Sie dabei an Logistik, Finanzen und Liefermanagement. „Ein Quantencomputer kann bei der Verkehrsüberwachung eine Rolle spielen“, gibt Franck als Beispiel. 
Quantencomputer können herkömmliche Verschlüsselungsmethoden aufbrechen, die für die Wahrung der Datensicherung entscheidend sind. Der Wettlauf um die Entwicklung des Quantencomputers läuft daher parallel zur Entwicklung einer neuen, quantenresistenten Datensicherung.

Joris Franck, Portfoliomanager KBC Asset Management

 
  • Bedarf an und Entwicklung von quantenresistenten kryptographischen Techniken
    Unser digitales Leben, von der persönlichen Kommunikation bis hin zum Online-Shopping und -Banking, wird heute durch mathematische Codes verschlüsselt - und damit gesichert. „Die numerische Verschlüsselung sichert sowohl Ihren Einkauf bei Amazon oder Bol.com als auch die Nachricht, die Sie über WhatsApp versenden“, erklärt Franck. „Selbst der schnellste Supercomputer würde unendlich lange brauchen, um diese Zahlencodes zu knacken. Aber wenn ein Quantencomputer eine solche Berechnung in einem Bruchteil einer Sekunde lösen kann, steht gleich die Sicherheit des gesamten Internets auf dem Spiel. Die Befürchtung, dass Quantencomputer in der Lage sein werden, die Sicherheitscodes von Bitcoins und anderen virtuellen Währungen zu knacken, ist berechtigt. Logisch, dass all dies Sorgen macht. Also fängt jetzt auch die Suche nach Schutzmaßnahmen an.“

Das Rennen um die Vorherrschaft

Die Regierungen investieren massiv in die Quanteninformatik, und sei es nur wegen dieses Entschlüsselungsrisikos. „Niemand möchte, dass das Militär oder die nationalen Nachrichtendienste ihre Kommunikation nicht mehr schützen können“, sagt Franck. 

Die Entwicklung von Quantencomputern ist ein Wettlauf mit hohem Einsatz. Länder wie China und die USA, aber auch einige europäische Länder wissen, dass viel auf dem Spiel steht und pumpen viel Geld in Forschungsprogramme. Große Technologieunternehmen investieren im Wettlauf um die Quantenvorherrschaft gegeneinander.

Joris Franck, Portfoliomanager KBC Asset Management


 

China ist mit mehr als 15 Milliarden USD an staatlicher Finanzierung führend und unterstreicht damit sein Bestreben, das weltweite Rennen in der Quantentechnologie anzuführen, was tiefgreifende Auswirkungen auf die nationale Sicherheit, die Cybersicherheit und die Weltwirtschaft hat.

US-Tech-Unternehmen wie Google, Amazon und IBM investieren ebenfalls stark in Forschung und Entwicklung. Laut dem National Counterintelligence and Security Centre (NCSC) handelt es sich bei der Quanteninformatik um eine Technologie, „bei der für die wirtschaftliche und nationale Sicherheit der USA womöglich viel auf dem Spiel steht“.

Und obwohl Europa in seinen Bemühungen zersplittert ist, tragen auch dort mehrere Länder mit Milliardenbeträgen bei.
 

Wir sind aber noch nicht so weit. Es gibt noch viele Unsicherheiten im Zusammenhang mit Quantencomputern, aber jeder weiß: Wer als Erster einen wirklich nützlichen und genau funktionierenden Computer entwickelt, kann einen enormen wirtschaftlichen und sogar militärischen Vorteil erlangen.

Joris Franck, Portfoliomanager KBC Asset Management


 

Phase der Grundlagenforschung

Trotz ihres Potenzials befindet sich die Quanteninformatik noch im Anfangsstadium und steht vor mehreren Herausforderungen, bevor sie auf breiter Basis angewendet werden kann.
 

  • Quantencomputing ist extrem anfällig für Umgebungsstörungen, was eine Fehlerkorrektur erforderlich macht
    „Die geringste Temperaturschwankung oder die kleinste Vibration kann den Quantencomputer stören“, erklärt Franck. „Jeder relativ kleine Chip eines Quantencomputers sitzt daher in einem riesigen Behälter, nennen wir ihn Gefrierschrank, mit extrem niedrigen Temperaturen - um den absoluten Nullpunkt, also etwa 273 Grad unter Null -, in dem die gesamte Elektronik geschützt ist.“ Die Forscher arbeiten aktiv daran, stabilere Qubits und Techniken zur Fehlerkorrektur zu entwickeln.

    „Mit Willow, dem neuen Quantenchip von Alphabet, ist es erstmals gelungen, die Fehlerrate exponentiell zu reduzieren“, betont Franck. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Fehler auftritt, liegt nun bei eins zu tausend. Das ist zwar immer noch viel zu viel für einen vollwertigen Quantencomputer, der mit einer großen Anzahl von Qubits viele Milliarden Berechnungen gleichzeitig durchführen können sollte, aber es ist ein vielversprechender Durchbruch. Alphabet hat bereits 2019 den Quantenchip Sycamore entwickelt. Was Willow im Vergleich zu Sycamore leisten kann, zeigt, in welch atemberaubendem Tempo sich die Technologie weiterentwickelt.“ 
     
Die Ausweitung der Anzahl der Qubits bei gleichzeitiger Wahrung ihrer Konsistenz und Minimierung von Fehlern ist und bleibt eine große Herausforderung für die Quanteninformatik.

Joris Franck, Portfoliomanager KBC Asset Management

 
  • Integration mit klassischen Systemen
    Quantencomputer müssen neben klassischen Computern in einer hybriden Computerumgebung arbeiten. Die Gewährleistung einer nahtlosen Integration und einer effizienten Kommunikation zwischen den beiden Systemen ist von entscheidender Bedeutung.   
     
  • Kosten und Zugänglichkeit
    Die hohen Kosten für die Entwicklung und Wartung von Quantencomputern stellen für viele Unternehmen eine Einstiegshürde dar. Der Schlüssel zu einer breiten Akzeptanz des Quantencomputers liegt darin, ihn zugänglicher und erschwinglicher zu machen.

     

Als Anleger: einen Zeh ins Wasser und einen kühlen Kopf bewahren

Obwohl die Entwicklung noch in den Kinderschuhen steckt, ebnen laufende Forschung und Investitionen den Weg für eine Zukunft, in der das volle Potenzial des Quantencomputers ausgeschöpft werden kann.

„Willow hat dafür gesorgt, dass ein möglicher Durchbruch des Quantencomputingmarkts immer näher rückt. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass wir uns noch in einem frühen Stadium befinden. Einer Phase der experimentellen Entwicklung. Es ist schwer abzuschätzen, welches Unternehmen welche Rolle spielen wird“, warnt Franck. „Es gibt noch keine breit angelegten kommerziellen Anwendungen, die in absehbarer Zeit Gewinne abwerfen werden, aber für Anleger mit einer höheren Risikotoleranz ist es ein interessanter Fall, den man im Auge behalten sollte. Also einen kühlen Kopf bewahren, aber schon mit einem Zeh ins Wasser.
 

Quantencomputing mag immer noch wie Science-Fiction klingen, wir stehen aber - abermals - vor einer technologischen Revolution. Wie bei der KI. Wir sind erst bei einem Bruchteil dessen, was möglich ist. Sobald sich die Technologie durchsetzt, werden die Auswirkungen auf unsere Gesellschaft enorm sein.

Joris Franck, Portfoliomanager KBC Asset Management


„Wer ein beträchtliches Risiko nicht scheut, kann jederzeit hochspekulativ in ein Quant-Start-up investieren, aber wer die ohnehin vorhandenen Risiken etwas abmildern will, kann auch auf die großen, etablierten Technologieriesen setzen“, betont Franck. „Alphabet hat eine nachgewiesene Erfolgsbilanz bei der Entwicklung und kommerziellen Nutzung neuer Technologien, ist aber bei weitem nicht das einzige Unternehmen, das an der Quantentechnologie arbeitet. Microsoft und Amazon bieten auf ihren Cloud-Plattformen Quantendienste an: Quantum Computing as a Service (QCaaS), das den Nutzern Zugang zu Quantenprozessoren, Entwicklungswerkzeugen und Simulatoren zur Erstellung und Prüfung von Quantenalgorithmen in einer Cloud-Umgebung bietet. Andere große Unternehmen wie Nvidia, Intel und IBM arbeiten ebenfalls daran. Wichtig für Anleger: Bei den großen Tech-Giganten macht alles, was mit Quantencomputing zu tun hat, im Moment nur einen vernachlässigbaren Teil ihres Umsatzes aus. Aber ihre tiefen Taschen garantieren die notwendige Investitionskapazität.“


 

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Dieser Artikel ist rein informatorisch und darf nicht als Anlageberatung betrachtet werden.