Chancen für Anleger im Chip-Krieg
Geopolitische Unruhen, Handelskriege, Klimaprobleme... Wir leben in einer multipolaren Welt, in der wirtschaftliche Machtblöcke eine größere strategische Unabhängigkeit anstreben. Dies betrifft die Industrie und auch die Technologie, insbesondere die Datensammlung und -verarbeitung. Mit guten Chancen für Investoren.
Weltweit streben die wirtschaftlichen Machtblöcke nach größerer technologischer Unabhängigkeit. Die Großmächte ermutigen ihre Unternehmen, ihre eigenen innovativen Technologien zu entwickeln. Auch Anleger können von diesem Aufschwung profitieren, erklären Tom Simonts, Senior Financial Economist der KBC-Gruppe, und Joris Franck, Portfoliomanager bei KBC Asset Management. „Strategische Unabhängigkeit erreicht man nicht über Nacht, man denke nur an die Infrastruktur zur Chipherstellung, Datenspeicherung oder Cybersecurity. Diese Themen haben im vergangenen Jahr an den Börsen gut abgeschnitten. Und der Trend wird noch eine ganze Weile anhalten“, sagt Franck.
Spionage hat es immer gegeben. Wenn man das auf die heutige Wirtschaft überträgt, geht es um Dinge wie Hackerangriffe und Ransomware..
Joris Franck, Portfoliomanager KBC Asset Management
Chinesische Mauer
Der gesamte Technologiesektor basiert auf Daten. „Und Daten sind Macht“, fährt Franck fort. „Aus militärischer Sicht ist dies offensichtlich. In der Vergangenheit hatte man einen strategischen Vorteil, wenn man wusste, wo sich der Feind aufhält. Wirtschaftlich gesehen ist es nicht anders. US-Akteure wie Facebook und Google verfügen über eine riesige Menge an Informationen, die sie für gezielte Werbung nutzen. Daran verdienen sie gigantisch viel Geld. Auch die Spionage - sprich die Informationsbeschaffung - ist uralt. Wenn man das auf die heutige Wirtschaft überträgt, geht es um Dinge wie Hackerangriffe und Ransomware. Wussten Sie, dass in China über 300 000 Hacker aktiv sind? Das ist eine enorme Zahl.“
Jeder, der schon einmal nach China gereist ist, wird es bemerkt haben: Facebook und Google funktionieren dort nicht. „Der chinesische Staat lässt diese US-Technologie in seinem Territorium nicht zu. Sie stößt auf eine Great Firewall“, erklärt Tom Simonts. Es hat tatsächlich lange gedauert, bis die Vereinigten Staaten darauf reagiert haben und zum Beispiel ein Verbot von Chinas TikTok in Betracht gezogen haben. In Indien sind eine ganze Reihe chinesischer Apps nicht mehr erlaubt.“ Die großen Machtblöcke stehen sich mit gezogenen Messern gegenüber, wobei es um Halbleiter geht.
Das macht Europa zu einer Art Schiedsrichter, der sagen kann, wer in der Welt der Technologie was tun darf und was nicht.
Tom Simonts, Senior Financial Economist KBC Gruppe
Im so genannten Chip-Krieg scheint Europa nicht mitzuzählen, aber Simonts widerspricht dem. „Wir haben zwar keine großen Technologiekonzerne oder Großproduktion, aber wir sind weiter, als man auf den ersten Blick denken würde. Europa ist sozusagen der Zement für die internationalen Technologieunternehmen. Wir produzieren die Maschinen zur Herstellung von Chips, wir entwickeln die Technologie, die die Amerikaner und Chinesen brauchen. Das macht uns zu einer Art Schiedsrichter, der sagen kann, wer was tun darf und was nicht. Dennoch müssen wir als Region verstärkt unsere eigene Politik ausarbeiten. Und unsere Unternehmen ebenso.“
Die Verfügungsgewalt behalten
Es geht darum, sich und seine Unternehmen zu schützen. „Man muss, was seine Daten betrifft, die Autonomie behalten“, meint Franck. „Das fängt damit an, dass man sich genau überlegt, wem man Zugang zu den Daten gewährt. Zweitens: Wo werden die Daten gespeichert? In der Cloud oder auf eigenen Servern? Schließlich werden Sie diese Daten an andere Parteien weitergeben. Über welche Kanäle und mit welchen Geräten machen Sie das? Zum Schluss komme ich auch auf die Chips zu sprechen. Die digitale Welt stützt sich ganz darauf. Es ist also eine wichtige Frage, welche Technologie man einsetzt und welche Risiken damit verbunden sind.“
„Heutzutage gibt es in den Vereinigten Staaten, in Europa und in anderen Ländern eine Vielzahl von Chip-Acts. Wir alle wollen große Datenzentren auf unserem eigenen Boden“, fügt Simonts hinzu. Er weist jedoch darauf hin, dass die Unternehmen auch Verantwortung übernehmen, und darin liegen die Chancen für Investoren. „Sie können sich fragen, ob Sie denn alle Ihre Daten einfach so an Microsoft weitergeben sollten. Das französische Unternehmen OVHcloud zum Beispiel zeigt sich kritisch und bietet Platz in der europäischen Cloud an. Umgekehrt hat sich Amazon unlängst ein Kernkraftwerk zugelegt, um sicherzustellen, dass es genügend Energie für die Versorgung seiner Rechenzentren hat.“
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